21 / 07 2025

BGH räumt Testierfreiheit viel Raum ein - Patient darf seinen Hausarzt beerben

Ein Pati­ent ver­erb­te sei­nem Arzt als Gegen­leis­tung für des­sen ärzt­li­che Behand­lun­gen ein Grund­stück. Wegen beson­de­rer berufs­recht­li­cher Nor­men hiel­ten diver­se Gerich­te dies für unwirk­sam. Das sah sah der BGH anders, die­ser ent­schied, dass die Tes­tier­frei­heit Vor­rang habe (Urt. v. 02.07.2025, Az. IV ZR 93/24).

Was war passiert? 

Der Erb­las­ser hat­te zu Leb­zei­ten sei­nem Haus­arzt im Gegen­zug für ärzt­li­che Leis­tun­gen wie z.B. regel­mä­ßi­ge Haus­be­su­che, beson­de­re tele­fo­ni­sche Erreich­bar­keit etc. ein Grund­stück ver­macht. Des­we­gen hat­ten der Erb­las­ser, der Arzt und die Toch­ter des Erb­las­sers sowie des­sen Enke­lin einen nota­ri­el­len "Betreuungs-, Versorgungs- und Erb­ver­trag" geschlos­sen. Nach­dem der Erb­las­ser ca. zwei Jah­re nach Ver­trags­ab­schluss starb, begann - wie so oft - der Streit. 

Ursprüng­lich ging der Streit um die Fra­ge, ob die­se Zuwen­dung gegen berufs­recht­li­che Rege­lun­gen für Ärz­te ver­sto­ße und die Zuwen­dung des Grund­stü­ckes des­we­gen unwirk­sam sei.

Ursprüng­lich wur­de die Zuwen­dung des Erb­las­ser vom OLG Hamm als unwirk­sa­mes Ver­mächt­nis ange­se­hen, da es Ärz­ten nach der Berufs­ord­nung der zustän­di­gen Ärz­te­kam­mer unter­sagt ist, Geschen­ke oder ande­re Vor­teil anzu­neh­men, soweit dadurch den Ein­druck ent­steht, dass die ärzt­li­che Unab­hän­gig­keit gefähr­det sei. Der Arzt habe nach Ansicht des OLG Hamm gegen die­se Berufs­ord­nung ver­sto­ßen, was nach §§ 134, 2171 BGB (Ver­stoß gegen ein gesetz­li­ches Ver­bot) zur Unwirk­sam­keit führe.

Dies schätz­te der Bun­des­ge­richts­hof anders ein, die­ser sah kei­nen Ver­stoß des Arz­tes. Nach dem BGH ver­bie­te die berufs­recht­li­che Vor­schrift nur dem Arzt ein bestimm­tes Ver­hal­ten, nicht jedoch dem Pati­en­ten bzw. dem Erb­las­ser. Ins­be­son­de­re wer­de die Erwar­tungs­hal­tung der Ange­hö­ri­gen, den Erb­las­ser zu beer­ben, durch die berufs­recht­li­che Rege­lung geschützt.

Der BGH führ­te wei­ter aus, dass die in Art. 14 I S. 1 Grund­ge­setz geschütz­te Tes­tier­frei­heit ein­ge­schränkt wer­den wür­de, wenn die Umdeu­tung des Erb­ver­tra­ges in ein Ver­mächt­nis - wie es das OLG Hamm getan hat- genutzt wird, um den letz­ten Wil­len auszuhebeln.

Grund­sätz­lich darf jede Per­son über ihren Tod hin­aus nach sei­nen Vor­stel­lun­gen über sein Ver­mö­gen ver­fü­gen. Dass die­se Frei­heit beschränkt wer­den dür­fe, dafür feh­le es an einer gesetz­li­chen Grund­la­ge. Die­se müs­se vom Gesetz­ge­ber kom­men und nicht von einem Berufsverband.

Der BGH führ­te wei­ter aus, dass ein Ein­griff in die Tes­tier­frei­heit unver­hält­nis­mä­ßig gewe­sen sei, weil allein das Inter­es­se eines Pati­en­ten, frei und unbe­las­tet (auch im Hin­blick auf den ihn behan­deln­den Arzt) über sei­nen Nach­lass ver­fü­gen zu kön­nen, einen sol­chen Ein­griff nicht recht­fer­ti­gen kön­ne. Die Berufs­ord­nung schüt­ze den Pati­en­ten hier­ge­gen näm­lich gera­de nicht.

Der Erb­las­ser durf­te sei­nen Arzt also als Erben einsetzen.

Das Urteil wur­de durch den BGH auf­ge­ho­ben und an das OLG Hamm zurück ver­wie­sen. Die­ses hat jetzt noch zu prü­fen, ob die Ver­ein­ba­rung aus dem Erb­ver­trag gegen die guten Sit­ten ver­sto­ßen könne.

In der Gesamt­schau ist es zu begrü­ßen, dass wie­der ein­mal höchst­rich­ter­lich bestä­tigt wor­den ist, dass dem letz­ten Wil­len ein ent­spre­chend hoher Stel­len­wert zuge­wie­sen wird.

Das OLG Hamm wird noch über die Fra­ge der Sit­ten­wid­rig­keit der nota­ri­el­len Ver­ein­ba­rung zu ent­schei­den haben. Wird das OLG erken­nen, dass - zumin­dest aus hie­si­ger Sicht - sowohl der Erb­las­ser als auch der Arzt eine Wet­te auf die Zukunft abge­schlos­sen haben, bei der es vom Lebens­al­ter und dem Gesund­heits­zu­stand des Erb­las­sers abhängt, wer wie­viel gewinnt oder ver­liert? Wie wird es sich ent­schei­den? Es bleibt spannend!


4 / 04 2017

Routenplaner-maps.com - Dreistigkeiten nach Zuschnappen Abofalle

Es ist an der Zeit, über die mehr als dubio­sen Machen­schaf­ten der Fir­ma "Routenplaner-maps.com" und des­sen Inkas­so­un­ter­neh­men Stein­bach & Part­ner, Tau­nus­turm, Tau­nus­tor 1, 60310 Frankfurt/Main zu berichten.

Auf­fal­lend ist bereits, dass die­se Fir­ma, ihre angeb­li­chen Anwäl­te und Inkas­so­un­ter­neh­men sich nur per E-Mail mel­den. Lei­der ist es mitt­ler­wei­le schon fast nor­mal, dass ver­sucht wird, mit E-Mails eine Droh­ku­lis­se auf­zu­bau­en, doch was ich kürz­lich erle­ben muss­te, sprengt das Ganze.

Mein Man­dant leg­te mir eine E-Mail vor, in der es heißt: "Lei­der haben Sie die offe­ne Rech­nung mit der Num­mer ... vom ... noch immer nicht begli­chen. Wir haben nun einen Voll­stre­ckungs­ti­tel bei Gericht gegen Sie erwirkt."

Span­nend ist nur, dass mein Man­dant seit vie­len Jah­ren in sei­ner Woh­nung wohnt und noch nie Post von einem Gericht bekom­men hat. Dem­nach muss es eine Lüge sein, dass ein Voll­stre­ckungs­ti­tel existiere.

Wei­ter heißt es in der E-Mail fett geschrie­ben und unter­stri­chen: "Aus die­sem Grund wird Sie am Frei­tag, den ... um 10.00 Uhr unser Inkas­so Team besu­chen, um Ihre Wert­ge­gen­stän­de zu pfänden."

Die hier ange­kün­dig­te Vor­ge­hens­wei­se ist mit dem deut­schen Recht nicht zu ver­ei­nen, da die Zwangs­voll­stre­ckung aus Voll­stre­ckungs­ti­teln immer noch den Gerichts­voll­zie­hern obliegt und nicht "Inkas­so­teams" eines Inkas­so­un­ter­neh­mens. Hier­durch wird eine erheb­li­che Droh­ku­lis­se auf­ge­baut, die an sich schon geeig­net ist, die Man­dan­ten ein­zu­schüch­tern, aber bei Lich­te betrach­tet nichts mit der hie­si­gen Geset­zes­la­ge zu tun hat.

Routenplaner-Maps.com und die Inkas­so­ab­tei­lung Stein­bach & Part­ner zie­hen die Schrau­be aber noch wei­ter an, indem ange­kün­digt wird, dass die "Gegen­stän­de mit dem Klein­trans­por­ter abtrans­por­tiert" wür­den, bei grö­ße­ren Sachen "für den Fol­ge­tag eine Spe­di­ti­on beauf­tragt" wer­den wür­de. Wei­ter wird ange­droht: "Soll­ten Sie nicht zu Hau­se sein oder die Tür selbst öff­nen, wir ein Schlüs­sel­dienst hin­zu­ge­zo­gen, der die Tür dann öff­nen wird. Die Mehr­kos­ten müs­sen wir Ihnen natür­lich zusätz­lich in Rech­nung stel­len. Soll­ten Sie Wider­stand leis­ten, wer­den wir die Poli­zei hinzuziehen."

Die­se Ankün­di­gun­gen mögen für sich betrach­tet dem nor­ma­len Pro­ze­de­re einer Voll­stre­ckungs­hand­lung ent­spre­chen, sind es aber bei Gesamt­be­trach­tung nicht. Der Grund? Ganz ein­fach, es exis­tiert kein voll­streck­ba­rer Titel und die ange­droh­ten Hand­lun­gen sol­len von Pri­va­ten - denn nichts ande­res sind Inkas­so­un­ter­neh­men - und nicht von hoheit­lich bestell­ten Gerichts­voll­zie­hern vor­ge­nom­men werden.

Mein Man­dant war durch die Andro­hung der Poli­zei erheb­lich ver­ängs­tigt und total ver­un­si­chert. Als ich ihm riet, dass er die Poli­zei anru­fen sol­le, falls die tat­säch­lich mit einem Klein­trans­por­ter bei ihm vor der Tür stün­den, ant­wor­te­te die­ser: "Die brin­gen die doch schon mit." Und genau dies ist es, was Fir­men wie "Routenplaner-Maps.com und Stein­bach & Part­ner errei­chen wol­len. Blan­ke Angst, damit die angeb­li­chen Schuld­ner dann For­de­run­gen aus­glei­chen, die nie exis­tiert haben.

In dem hier beschrie­be­nen Fall wur­den dann anstatt der ursprüng­lich gefor­der­ten 500,00 € ohne wei­te­re Auf­schlüs­se­lung pau­schal 750,00 € zur "ein­zi­gen Mög­lich­keit der Abwen­dung der Maß­nah­me" gefor­dert. Inter­es­sant, dass hier kei­ne Über­wei­sung gefor­dert wird son­dern Amazon-Gutscheine im Wert von 750,00 €. Net­ter­wei­se wei­sen Routenplaner-Maps.com bzw. Stein­bach & Part­ner dar­auf hin, wo der ver­meint­li­che Schuld­ner die­se bezie­hen kann, näm­lich bei REWE, Net­to, DM Dro­ge­rie­märk­ten oder auch bequem über das Amazon-Konto der Schuld­ner... Dies ist mit gesetz­li­chen Vor­ga­ben nicht in Ein­klang zu brin­gen. Wenn ein Preis ver­ein­bart wird, dann muss die­ser ent­we­der in bar oder per Über­wei­sung gezahlt wer­den. Soll als Gegen­leis­tung ein Gut­schein in einem bestimm­ten Wert geleis­tet wer­den, so muss dies im Vor­feld und ins­be­son­de­re vor Abschluss eines Ver­tra­ges ver­ein­bart wer­den. Da es sich hier um eine Abo­fal­le der Routenplaner-Maps.com han­delt, gibt es natür­lich auch kei­ne wirk­sa­me Ver­ein­ba­rung der Form der Gegen­leis­tung in Gestalt von Gut­schei­nen. Dies hat zur Fol­ge, dass kein Recht zur For­de­rung von Gut­schei­nen besteht.

Alles in Allem treibt die­se Fir­ma es auf die Spitze!

Ihr Rechts­an­walt Chris­toph Seif­fert aus Flensburg