Nein heißt Nein!
Bundestag hat neues Sexualstrafrecht beschlossen
Zeit wurde es! 5 Jahre nach Unterzeichnung der Istanbul-Konvention wird in dieser Hinsicht auch in Deutschland nachgebessert.
Richtig ist, dass es Gesetzeslücken zu schließen galt und das Strafmaß anzupassen. Diese bestanden durchaus in den Bereichen, in denen eine übermächtige Angst die Opfer unfähig machte, Widerstandshandlungen zu zeigen.
Was die Gesetzesänderungen tatsächlich bringen werden, muss jedoch mit wachem Auge beobachtet werden, denn überall dort, wo Lücken geschlossen werden, werden zeitgleich Möglichkeiten eröffnet.
Richtig ist, dass die Opfer besser geschützt werden müssen, daran gibt es kein Vertun.
Spiegelbildlich muss aber auch sichergestellt werden, dass der bessere Opferschutz nicht dazu führt, dass das Sexualstrafrecht für private Fehden missbraucht wird und die vermeintlichen Täter zu Opfern gemacht werden. Daher wird es Aufgabe der Rechtsprechung sein, besonderen Wert auf die Beweisführung zu legen, um beiden Seiten gerecht zu werden..
Wenn sich bei den Opfern die übermächtige Angst dadurch zeigt, dass diese von außen betrachtet willenlos alles über sich ergehen lassen, ohne eine Zeichen des "Nichtwollens" zu setzen oder setzen zu können, stellt sich natürlich die Frage, wie kann ein Täter dies erkennen? In diesem Fall würde sich das "Nichtwollen" des Opfers allein in dessen Kopf abspielen...
Um zu verhindern, dass derartige Konstellationen von vermeintlichen Opfern zu privaten Rachefeldzügen ausgenutzt werden, muss die Beweisführung entsprechend intensiver geführt werden.
Dies wiederum führt aber dazu, dass die tatsächlichen Opfer sich einer noch tiefgreifenderen Befragung und Begutachtung aussetzen müssen, wenn sie die Tat zur Anzeige bringen.
Ist dies nicht geeignet, Opfer von einer Strafanzeige abzuhalten? Nicht nur, weil es den Opfern peinlich ist, die Sache zur Sprache zu bringen sondern weil diese befürchten müssen, mit den altbekannten Fragen bis hin zu "Warum mussten Sie an diesem Abend denn einen solchen kurzen Rock tragen?" noch intensiver konfrontiert zu werden. Besteht vor diesem Hintergrund nicht die Gefahr, dass die ohnehin schon viel zu hohe Dunkelziffer der nicht angezeigten Taten noch größer wird? Und ist dies vom Gesetzgeber tatsächlich so gewollt?
Ich hoffe nicht.
Hoffentlich bringt die Gesetzesänderung den beabsichtigten besseren Opferschutz und bewirkt gerade nicht, dass die Opfer auf der anderen Seite der Medaille dafür bestraft werden, dass sie nicht in der Lage waren, sich aktiv und mit sichtbaren Spuren zur Wehr zu setzen. Daher wird bei der Umsetzung viel Fingerspitzengefühl gefragt sein und alle Beteiligten sollten sich dabei von blindem Aktionismus, wie er sich nach der Kölner Silvesternacht zeigte, frei machen...
Ihr Rechtsanwalt Seiffert aus Flensburg