15 / 09 2016

Kettenarbeitsverträge - nur ausnahmsweise zulässig

EuGH: Auf­ein­an­der­fol­gen­de Befris­tung von Arbeits­ver­hält­nis­sen im Gesund­heits­be­reich nur zu Deckung zeit­wei­li­gen Bedarfs zuläs­sig  (EuGH , Urteil vom 14.09.2016 - C-16/15)

Ein dau­er­haf­ter Bedarf an Arbeits­kraft darf im Bereich der Gesund­heits­diens­te nicht durch eine Anein­an­der­rei­hung von auf­ein­an­der­fol­gen­den befris­te­ten Ver­trä­ge gedeckt wer­den, dies ver­stößt nach dem EuGH gegen Uni­ons­recht. Eine Ver­wen­dung von soge­nann­ten Ketten-Verträgen kön­ne nur damit gerecht­fer­tigt wer­den, dass ein zeit­wei­li­ger Bedarf gedeckt wer­den muss.

Die­ses Phä­no­men der Ketten-Anstellungen gibt es nicht nur in Spa­ni­en und nicht nur im Gesund­heits­we­sen. Die Ent­schei­dung des EUGH betraf einen spa­ni­schen Fall. Auch in Deutsch­land ist es usus, kei­ne unbe­fris­te­ten Arbeits­ver­trä­ge aus­zu­stel­len, was zu einer tie­fen Ver­un­si­che­rung sei­tens der Arbeit­neh­mer führt, da für die­se kei­ne Pla­nungs­si­cher­heit mehr besteht.

Lei­der ist es so, dass sich die meis­ten Arbeit­neh­mer nicht gegen der­ar­ti­ge Ver­trä­ge zur Wehr set­zen, da Ihnen die zumin­dest befris­te­te Anstel­lung lie­ber ist als gar kei­ne Anstel­lung. Außer­dem befürch­ten die Arbeit­neh­mer in der­ar­ti­gen Anstel­lungs­ver­hält­nis­sen, dass sie bei einer Ver­län­ge­rung nicht mehr berück­sich­tigt wer­den, sofern sie gegen die Ket­ten­an­stel­lung auf­be­geh­ren - also "unbe­quem" wer­den wür­den, nur weil sie die ihnen zuste­hen­den Rech­te gel­tend machen. Inso­fern ist die Gel­tend­ma­chung von Arbeit­neh­mer­rech­ten für den Arbeit­neh­mer immer eine dop­pel­schnei­di­ge Sache.

Aus die­sem Grund soll­te jeder betrof­fe­ne Arbeit­neh­mer selbst ent­schei­den, wann für ihn der rich­ti­ge Zeit­punkt zur Gel­tend­ma­chung sei­ner Ansprü­che ist. Hier­zu bera­te ich Sie gern.

Ihr Rechts­an­walt Seif­fert aus Flensburg


8 / 09 2016

Rheinland-Pfalz baut psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer schwerer Straftaten aus

Opfer schwe­rer Straf­ta­ten sol­len in Rheinland-Pfalz zukünf­tig auf qua­li­fi­zier­te psy­cho­so­zia­le Pro­zess­be­glei­ter zurück­grei­fen kön­nen. Dies sieht der Ent­wurf eines Lan­des­ge­set­zes zur Aus­füh­rung der bun­des­ge­setz­li­chen Vor­ga­ben zur psy­cho­so­zia­len Pro­zess­be­glei­tung vor. Die psy­cho­so­zia­le Pro­zess­be­glei­tung ist eine inten­si­ve Form der Zeu­gen­be­glei­tung für beson­ders schutz­be­dürf­ti­ge Ver­letz­te von Straf­ta­ten. Sie soll für Opfer von Straf­ta­ten die Belas­tung des durch­zu­füh­ren­den Straf­ver­fah­rens reduzieren.

Der nun vor­ge­leg­te Gesetz­ent­wurf eines Lan­des­ge­set­zes regelt die Aner­ken­nung der psy­cho­so­zia­len Pro­zess­be­glei­tung und das Aner­ken­nungs­ver­fah­ren. Damit sol­le sicher­ge­stellt wer­den, dass den Opfern schwe­rer Straf­ta­ten die Bei­ord­nung qua­li­fi­zier­ter psy­cho­so­zia­ler Pro­zess­be­glei­ter ermög­licht wird. Für die Zulas­sung der qua­li­fi­zier­ten Fach­kräf­te als psy­cho­so­zia­le Pro­zess­be­glei­ter hat das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um Rheinland-Pfalz gemein­sam mit der Hoch­schu­le Koblenz einen Wei­ter­bil­dungs­lehr­gang ent­wi­ckelt, der eine Qua­li­fi­zie­rung in der psy­cho­so­zia­len Pro­zess­be­glei­tung ermög­licht. Vor­aus­set­zung für die Teil­nah­me sei ein qua­li­fi­zie­ren­der Hoch­schul­ab­schluss in den Berei­chen Sozia­le Arbeit, Päd­ago­gik, Psy­cho­lo­gie oder Sozio­lo­gie sowie zwei Jah­re ein­schlä­gi­ge Berufserfahrung.

Es ist zu begrü­ßen, dass hier die Rech­te der Opfer wei­ter gestärkt wer­den und die­se ggf. auch psy­cho­so­zia­le Betreu­ung erfah­ren. Bis­her ver­su­chen der Wei­ße Ring e.V. und die Opfer­an­wäl­te die­se Auf­ga­be zu stem­men. Gera­de für  Opfer­an­wäl­te stellt der psy­cho­lo­gi­sche Aspekt der Man­dats­be­treu­ung von Opfern schwers­ter Ver­bre­chen eine enor­me Her­aus­for­de­rung dar, der neben der eigent­li­chen straf­recht­li­chen Betreu­ung zu leis­ten ist. Zu beden­ken ist auch, dass die Rechts­an­wäl­te sind was sie sind - näm­lich in ers­ter Linie Rechts­an­wäl­te. Weder im Stu­di­um noch im Refe­ren­da­ri­at wird Psy­cho­lo­gie, Päd­ago­gik oder Sozio­lo­gie ver­mit­telt, daher gibt es in den sel­tens­ten Fäl­len Rechts­an­wäl­te, die die Vor­aus­set­zun­gen für die Fort­bil­dung zum Pro­zess­be­glei­ter mitbringen.

Da der Rechts­an­walt als Opfer­an­walt aus Sicht des Opfers auch immer die Funk­ti­on des Pro­zess­be­glei­ters inne­hat und von ihm bewusst oder unbe­wusst die Erbrin­gung der Leis­tun­gen eines Pro­zess­be­glei­ters erwar­tet wird, ist es gut und in jedem Fall zu begrü­ßen, dass dem Opfer eine qua­li­fi­zier­te Bera­tungs­per­son zur Sei­te gestellt wird. Der Opfer­an­walt wird hier­durch zumin­dest z.T. aus sei­ner Dop­pel­rol­le her­aus­ge­nom­men und kann sich so bes­ser auf sei­ne Kern­auf­ga­be konzentrieren.

Frag­lich bleibt natür­lich, ob die Absol­vie­rung eines Lehr­gan­ges zwin­gend not­wen­dig ist, um die Zulas­sung zum Pro­zess­be­glei­ter zu erhal­ten. Ich den­ke hier an die lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­ter z.B. des Wei­ßen Ring e.V., die neben den Vor­aus­set­zun­gen auf­grund ihrer bereits lang­jäh­ri­gen Tätig­keit die Erfah­rung in die­sen Berei­chen mit­brin­gen, die im Zusam­men­spiel rei­chen müss­ten, um die Ableis­tung einer wei­te­ren Wei­ter­bil­dung unnö­tig zu machen.

Ich hof­fe nun, dass das Bun­des­land Schleswig-Holstein hier auch mit­zie­hen wird.

Ihr Rechts­an­walt Chris­toph Seif­fert aus Flensburg